Namhafte Orgelbauer
Der erste Füssener Orgelbauer war ein Barfüßermönch mit dem Namen ”Martin”. Er hat im Stift Kaisheim 1502 eine Orgel errichtet. Von dieser Orgel sind nur noch die Entwürfe erhalten und in Basel zu sehen. Außer diesem Orgelbau ist über den Mönch nichts bekannt. Die Flügeltüren dieser Orgel hat kein Geringerer als Hans Holbein der Ältere bemalt.
Der Orgelbau etablierte sich dann im Verlauf des 16. Jahrhunderts im Füssener Land. Lautenmacher wie Georg Gerle oder Martin Kaiser betätigen sich nebenbei mit beachtlichem Erfolg in der Herstellung von Tasteninstrumenten. Anders als im Lautenbau konnte der Orgelbau jedoch immer nur jeweils eine Werkstätte ernähren, die dann in einer größeren Region tätig war. Das traditionelle Arbeitsgebiet der Füssener Orgelbauer umfasste über mehrere Jahrhunderte vor allem Nord- und Südtirol, im geringeren Umfang das Allgäu selbst, kaum dagegen das angrenzende Oberbayern.
Der früheste Füssener Orgelbauer, von dem Instrumente erhalten sind, war Hans Schwarzenbach, der um 1604/05 an unbekanntem Ort verstarb. Sein wohl größtes Werk, die Orgel von Auer in Südtirol, stammt aus dem Jahr 1599. Sie zeigt alle Gestaltungselemente der ausgehenden Renaissance mit ihrer durchgehend flachen, an keiner Stelle vorspringenden Orgelfront. Die Orgel von Auer ist bis heute erhalten und vor wenigen Jahren vollständig restauriert worden.
Im 18. Jahrhundert wurde der in Füssen bedeutendste Orgelbauer der Stadt ansässig, Andreas Jäger (4.11.1704-24.4.1773). Er erlernte das Orgelbauerhandwerk bei Georg Ehinger in Aitrang, das in dieser Zeit zum Kloster St. Mang gehörte. 1734 baute Jäger seinen ersten Neubau: das Orgelpositiv in der Kirche St. Sebastian (1734, seit 1772 in der Spitalkirche). Weitere Orgeln Jägers in Füssen sind die spätere Orgel von St. Sebastian (1772), die in der Kirche Unsere Liebe Frau am Berg (1773, sein letztes Werk), die Orgel für die Franziskanerkirche St. Stephan (1735), die beiden Orgeln von St. Mang (ca. 1750 und 1752/53). Bis auf die Orgel der Franziskanerkirche sind alle erhalten. Die Große Orgel von St. Mang besitzt allerdings nur noch wenige Pfeifen aus dem Originalwerk und die Chororgel von St. Mang ist 1996 rekonstruiert worden. Die weiteren Orgeln sind weitestgehend original erhalten. Andreas Jäger baute im Allgäu, vereinzelt in Oberbayern und vor allem in Nord- und Südtirol. Keiner seiner Zeit- und Berufsgenossen, darunter auch sein älterer Bruder Johann Martin Jäger (geb. 28.10.1696), der sich in Kärnten niedergelassen hatte, hat ein vergleichbares Vermächtnis hinterlassen. Daß einige dieser Orgeln fast unbeschadet bis heute überdauert haben, spricht für die außergewöhnliche Qualität von Jägers Arbeit.
Nach Jägers Tod ließ sich erst wieder 1826 ein Orgelbauer in Füssen nieder. Joseph Anton Pröbstl (19.5.1798–3.9.1866) begründete eine weitere Epoche des Füssener Orgelbaus. Dessen Sohn Balthasar (2.1.1830–10.10.1895) machte nach der Übernahme von seinem Vater 1850 den Betrieb zu einer der größten Orgelbaufirmen Süddeutschlands (nach Steinmeyer in Oettingen). 1895 starb Balthasar Pröbstl leider kinderlos und so übernahm Hermann Späth (18.9.1867-1.10.1917) die Werkstatt. Auch dieser blieb ohne Kinder. Die Nachfolger, Ignaz Müller (8.3.1862–4.1.1937), ein Geselle Späths, und später dessen Sohn Markus Müller (27.4.1896–14.9.1966) führten dann in den wirtschaftlich schweren Zeiten nach dem ersten Weltkrieg nur noch einen kleinen Reparaturbetrieb. Nach dem Tod von Markus Müller ging eine über viereinhalb Jahrhunderte währende Orgelbautradition in Füssen zu Ende.